So war’s: Bosse in Leipzig

Seit einem Jahrzehnt ist Axel Bosse mittlerweile als Bosse mit seiner Live-Band unterwegs. Eine schier unfassbar lange Zeit im schnelllebigen Musikbusiness. Doch auch an Bosse geht die Zeit nicht ohne spürbare Veränderungen vorüber.

Bereits kurz nach Beginn des Einlasses ist das Werk II an diesem Abend gut gefüllt. Bosse zieht ein gut gemischtes Publikum, kommt bei allen Altergruppen inzwischen gut an. Das drückt auch die Chartplatzierung des aktuellen Albums aus – immerhin Platz 4 konnte die Platte in den Charts erreichen.

Eröffnet wird der Abend von Valentine, einer jungen Dame, die auch in Bosses Live-Band mitspielt und als Support immerhin vier Songs zum Besten geben darf. Begleitet wird ihr Gesang lediglich durch das Klavier. Das ist insgesamt ganz nett, wirkt aber bereits nach ein paar Songs etwas monoton.

Zweiter Support-Act sind die Hamburger von Herrenmagazin. Diese spielen passend zu Bosse ganz netten Indie-Rock und kommen daher auch beim Publikum gut an. Zwar wirkt auch deren Musik auf Dauer etwas eintönig. Dennoch scheint es im Publikum vereinzelte Personen zu geben, die ausschließlich für Herrenmagazin hierher gekommen sind.

Gegen 21:45 ist es dann aber soweit. Axel Bosse betritt mit seiner Live-Band die Bühne und eröffnet das Set mit dem Titelsong des neuen Albums “Kraniche”. Beim Leipziger Publikum hat er sofort ein Stein im Brett, es gehorcht ab dem ersten Moment quasi allen seinen Worten. Beispielsweise der Aufforderung zum Tanz beim Song 3 Millionen. Zwar ist der Tanz hier und heute eher ein gemütlicher Schwoof, der guten Stimmung im Publikum tut das aber keinen Abbruch.

Und dennoch ist genau das irgendwie auch bezeichnend  für die Veränderung, die Bosse in den letzten Jahren durchgemacht hat. Klar, die Rhythmen laden noch immer zum Tanzen ein. Wem es bei Tanz mit mir nicht im Fuß juckt, fällt wohl in die Kategorie notorischer Tanzmuffel. Und wer bei Istanbul nicht zumindest ein Lächeln auf dem Gesicht hat, hat wahrscheinlich ein Herz aus Stein. Dennoch hat man das Gefühl, dass hier irgendetwas fehlt.

Dass Axel Bosse nicht mehr selber zur Gitarre greift, verändert zwar die Musik nicht. Und dennoch steht genau das sinnbildlich für das, woran dieser Abend ein wenig krankt. Die Gitarren und eingängigen Riffs der früheren Tage wurden durch Klaviere und Bläser ersetzt. Was man einst als Indie-Rock bezeichnen konnte, fällt heute unter die Kategorie Pop. Das ist nicht unbedingt schlecht, aber doch irgendwie schade, wenn an die schönen rockigen Nummern der früheren Alben zurückdenkt.

Der Abend lebt daher eher von den ruhigeren Momenten, von den Akustik-Versionen der Songs Der Sommer ist noch lang und Niemand vermisst uns, zu denen sich Axel Bosse ins Publikum gesellt. Die schnelleren Nummern wie Alter Strand sind zwar ganz nett, fügen sich aber mehr schlecht als recht in die poppige Ausrichtung der Setlist ein.

Was also bleibt hängen von diesem Abend mit Bosse? Die rockigen Zeiten sind wohl vorbei. Das ist etwas schade, aber so ist es nun mal. Auch Künstler machen eine Entwicklung durch – und dass man diese nicht immer gutheißt, ist gang und gäbe. Dennoch: Wer ein Bosse-Konzert besucht bekommt soliden Pop geboten, der durchaus kurzweilig eine gute Zeit bescheren kann.

Aber lieber Axel, ein Anliegen hätte ich da noch: Frankfurt (Oder) ist im Original vom Album Guten Morgen, Spinner so eine schöne Ballade. Warum in Herrgotts Namen muss man die eigentlich in einer solchen pseudo-tanzbaren Version verwursten?

 

 

 

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Sven Morgenstern